Vier Tage voller Kontraste: Von steilen Anstiegen und wilden Schotterwegen über unvergessliche Begegnungen bis hin zu Momenten des Zweifelns und purer Glücksgefühle. Mal ließ mich das Wetter an meine Grenzen stoßen, mal belohnte mich die Sonne mit atemberaubenden Ausblicken. Zwischen einsamen Trails, historischen Städten und dem besonderen Zauber von Lipica habe ich erlebt, wie nah Frust und Freude auf so einer Reise beieinanderliegen.
Falls du die bisherigen Abschnitte noch nicht gelesen haben, findest du sie hier:
- Bella Italia – vom Brenner über Venedig bis nach Tolmin
- Quer durch Österreich: Die atemberaubende Isarquelle und die Brenner-Herausforderung
- My journey has started – einmal quer durch den Süden Deutschlands
Tag 15 – von Tolmin entlang der Šaca im Regen
Trotz des schlechten Wetters schwinge ich mich wieder aufs Rad. Zuvor genieße ich jedoch ein gemütliches Frühstück mit dem österreichischen Bikepacker, den ich am Vorabend kennengelernt habe, und einem deutschen Paar, das mir etwas Obst und Hafermilch anbietet. Mein Müsli schmeckt damit gleich doppelt so gut.
Der angekündigte Regen kommt in Schüben – mal nass, mal trocken – und die TransDinarica fordert mich dabei ordentlich heraus: steile Schotterpassagen im Regen, rutschig und wild. Während eines besonders heftigen Schauers flüchte ich mich in eine kleine Höhle am Wegrand und hoffe, dass es bald besser wird. Der Vormittag ist geprägt von ständigem An- und Ausziehen meiner Regenklamotten und der Suche nach Unterschlüpfen.
Am Mittag klart es tatsächlich auf, und die Sonne zeigt sich für längere Zeit – ein kleiner Trost. Doch die Erleichterung hält nicht lange: Direkt nach meiner Pause bleibe ich im Anstieg an einer Kante am Straßenrand hängen und stürze. Das Ergebnis: ein aufgeschürftes Schienbein und ein Kratzer am Bremshebel. Beides nicht dramatisch, aber mental zieht es mich ziemlich runter.
In Nova Gorica stehe ich später wortwörtlich auf der Grenze – die slowenische Stadt geht nahtlos in das italienische Gorizia über. Ein kurzer Abstecher nach Italien, ohne es wirklich zu betreten.
Mein Campingplatz für die Nacht liegt wenig idyllisch in einem Industriegebiet. Ich schaffe es gerade noch, das Zelt vor dem nächsten Schauer aufzubauen. Die Nacht wird entsprechend unruhig: starker Regen, Blitz und Donner und immer wieder vorbeifahrende LKWs. Entspannt ist das nicht.









Tag 16 – noch einmal Italien
Ziemlich gerädert gönne ich mir am Morgen erst einmal einen Kaffee, während mein Zelt in der Sonne trocknet. Nachdem alles verpackt ist, radele ich zurück nach Nova Gorica, um mir dort ein ordentliches Frühstück zu gönnen – dringend nötig für die Herausforderungen, die noch vor mir liegen.
Kaum habe ich die Stadt hinter mir gelassen, wartet das erste Hindernis: eine Brücke, so schmal, dass mein Rad gerade eben darauf passt. Natürlich führen auch noch Stufen hinauf – ob es da keine bessere Lösung gegeben hätte? Kaum ist das geschafft, beginnt der Anstieg über groben Schotter. Hier bekomme ich einen Vorgeschmack auf das, was mich in den kommenden Wochen erwartet. Dabei frage ich mich unweigerlich, ob ich wirklich gut genug vorbereitet bin – oder ob ich dieses Abenteuer vielleicht doch etwas naiv begonnen habe.
Schließlich lande ich wieder auf einem perfekt ausgebauten Radweg, mit regelmäßigen Unterständen und sogar Luftpumpen. Diese krassen Kontraste sind es, die die Reise so spannend machen. Über einen weiteren wilden Feldweg rolle ich plötzlich wieder nach Italien – merke es aber nur daran, dass mir plötzlich italienische Autos begegnen. Dass man Grenzen heute so leicht überqueren kann, macht mich dankbar. Ich weiß es sehr zu schätzen, in einer Zeit zu leben, in der das selbstverständlich ist – und hoffe, dass es so bleibt.
Die letzten Kilometer führen steil hinab Richtung Meer, über Straßen, die ich ganz sicher nicht wieder hochfahren möchte. Die Abfahrt ist dafür einfach genial, und so erreiche ich schnell Triest und mein Hostel. Mein Fahrrad muss zwar in einer nahegelegenen Garage abgestellt werden, was mich zunächst etwas unruhig macht, doch man versichert mir, dass alles in Ordnung ist – inklusive Videoüberwachung.
Am Abend lasse ich den Tag entspannt ausklingen: Ich schlendere durch die Stadt, genieße das besondere Flair und gönne mir ein gutes Abendessen.










Tag 17 – Stadtbesichtigung in Triest
Mein zweiter radfreier Tag steht an – dafür werde ich heute jede Menge Schritte sammeln. Statt einer klassischen Stadtführung habe ich mir eine App – World City Trail – heruntergeladen, die mich zu den Highlights der Stadt führt und mir unterwegs kleine Rätsel stellt. Dank der Hinweise an den jeweiligen Stationen kann ich sie lösen – fast wie in einem Escape Game.
So schlendere ich durch die Straßen, komme am römischen Theater vorbei, besuche das Castello di San Giusto mit seiner fantastischen Aussicht über die Stadt und bewundere die prächtigen Bauwerke an der Piazza Unità d’Italia, die sich weit zum Meer hin öffnet – samt dem berühmten Brunnen der vier Kontinente.
Nach einem langen Spaziergang gönne ich mir ein Eis, bummele weiter durch die Stadt und schaue in die Schaufenster all der Dinge, die ich unterwegs ohnehin nicht kaufen kann.
Zum Abschluss dieses Tages darf natürlich eine Pizza nicht fehlen – schließlich ist es mein letzter Abend in Italien für längere Zeit.









Tag 18 – Lipizzaner und die Suche nach einem Campingplatz
Für diesen Tag hatte ich nur eine relativ kurze Tour eingeplant – mit einem Highlight, auf das ich mich schon lange gefreut hatte: dem Besuch des berühmten Lipizzaner-Gestüts in Lipica.
Nach einem gemütlichen Frühstück in Triest startete ich gut gestärkt in den Tag – erleichtert, dass mein Fahrrad die Auszeit in der Garage unbeschadet überstanden hatte. Gepäck verstaut, Kette geölt, und los ging’s. Diesmal hatte ich eine andere Route gewählt, denn die steile Abfahrt nach Triest wollte ich auf keinen Fall wieder hinaufstrampeln. Außerdem hatte ich den Tipp bekommen, dass im Industriehafen die „A“ liegen soll, eine Oligarchen-Yacht, die 2022 beschlagnahmt wurde. Ganz nah kam ich ihr zwar nicht, dafür führte mich ein schöner Radweg entlang der Küste aus der Stadt heraus.
Kaum hinter Triest, schickte mich Komoot allerdings einen gnadenlos steilen Anstieg hinauf – schieben statt fahren. Oben endete der Weg dann auch noch auf einer stark befahrenen Straße. Zurück war keine Option, also Augen zu und durch. Nach ein paar Kilometern im dichten Verkehr war ich heilfroh, wieder abbiegen zu können. Italienische Autofahrer sind wirklich nichts für schwache Nerven.
Über Waldwege und Singletrails ging es schließlich weiter Richtung Lipica. Dort angekommen, hatte ich eigentlich mit einer kleinen Stärkung gerechnet – doch das Café war geschlossen. Also gab es nur einen Riegel, und ich musste mir eingestehen, die Strecke etwas unterschätzt zu haben.
Um 14 Uhr begann dann meine Führung über die Farm, auf der rund 300 Lipizzaner leben und ausgebildet werden. Die edlen Tiere haben eine unglaubliche Ausstrahlung, und wie jedes Mal berührte mich ihre Nähe tief. Die Stunde verging wie im Flug, und schon ging es weiter in die Reithalle zur Vorführung – ein Gänsehautmoment, den ich so schnell nicht vergessen werde.
Als ich die Farm verließ, dachte ich, mein Campingplatz sei nur noch einen Katzensprung entfernt. Doch dort angekommen, stellte ich ernüchtert fest: geschlossen. Für einen Moment war ich ziemlich verzweifelt. Dann entdeckte ich ein Schild für einen Eisverkauf. Dort gab es nicht nur eine willkommene Erfrischung und einen süßen Hund, der unbedingt etwas abhaben wollte, sondern auch den rettenden Tipp: Drei Kilometer weiter gäbe es einen anderen Campingplatz. Man bot mir sogar an, direkt vor Ort mein Zelt aufzuschlagen. Doch die Aussicht auf eine warme Dusche war zu verlockend. Also fuhr ich weiter – und landete schließlich auf einem Platz, der im Grunde nur eine große Wiese war.
Am Abend wurde ich dort von einem Paar aus Kassel zum Essen eingeladen. Aus einem Moment der Verzweiflung wurde so ein unfassbar glücklicher Ausklang des Tages.











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